Auf einem nachhaltig profitablen Wachstumskurs

Der wirtschaftliche Erfolg ist das Ergebnis der konsequenten Fokussierung auf spezifische Kernkompetenzen und auf das Wahrnehmen von internationalen Wachstumschancen durch alle Divisionen....

Hans-Peter Schwald
Hans-Peter Schwald Verwaltungsratspräsident
Urs Breitmeier
Urs Breitmeier CEO RUAG Konzern

Sehr geehrter Aktionär
Sehr geehrte Kundinnen und Kunden
Sehr geehrte Damen und Herren

Wirtschaftlich war 2016 für RUAG ein äusserst erfolgreiches Jahr. Sowohl Umsatz als auch EBIT erreichten neue Höchstwerte. Mit einem rekordhohen Auftragseingang, der mit über CHF 2 Mrd. deutlich über dem Umsatz liegt, ist der Grundstein für die Fortsetzung des profitablen Wachstums in den nächsten Jahren gelegt. Gefordert war RUAG aber nicht nur im globalen Wettbewerb: Ein zu Beginn des Jahres entdeckter Cyberangriff zeigte, dass auch ein Unternehmen, das für sich in Anspruch nimmt, gut geschützt zu sein, Opfer einer solchen Attacke werden kann. Der Vorfall hat bei Kunden, Öffentlichkeit und Politik hohe Wellen geschlagen und intern vieles infrage gestellt, das bis anhin als gut erachtet wurde.

Für unsere wichtigsten Kunden, vor allem aber auch für unsere Mitarbeitenden, von höchster Bedeutung ist das Projekt «Weiterentwicklung RUAG», das der Bundesrat zu Beginn des Jahres 2015 dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zusammen mit dem Verwaltungsrat von RUAG und dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) in Auftrag gegeben hat. 2017 sollen dem Bundesrat dazu verschiedene Teilprivatisierungsvarianten präsentiert werden. Für die weitere Strategieumsetzung von RUAG, die schweizerische wehrtechnische Industriebasis und die RUAG Arbeitsplätze in der Schweiz ist dieses Projekt von zentraler Bedeutung. Nur mit der notwendigen unternehmerischen Freiheit wird RUAG auch künftig die Erwartungen des heutigen Eigners zugunsten der Sicherheit der Schweiz erbringen können.

Die Anforderungen an die Compliance werden für international ausgerichtete Unternehmen immer umfangreicher. Das gilt auch für RUAG. Nach einer Analyse der Ist-Situation hat der Verwaltungsrat von RUAG das Projekt «Integrity@RUAG» initiiert. Es hat zum Ziel, die Integritätskultur im ganzen Konzern zu stärken. Dabei soll auf dem vorhandenen guten Standard aufgebaut und die heutige Organisation sukzessive gestärkt und ausgebaut werden.

Investitionen im Bereich Wehrtechnik sind unter den gegebenen Rahmenbedingungen äusserst schwierig. Dies primär angesichts der vielen internationalen Konflikte, weiter verschärfter Schweizer Exportrestriktionen für Kriegsmaterial sowie der Praxis des Bundes, Rüstungsgüter primär ab Stange, das heisst ohne Schweizer Entwicklungsanteil, zu beschaffen. Um trotzdem eine ansprechende Technologiebasis in der Schweiz zu erhalten, setzt die Strategie von RUAG in erster Linie auf die Stärkung der drei Wachstumspfeiler Flugzeugstrukturbau, kommerzielle Raumfahrt und Cyber Security. In allen drei Bereichen konnten wichtige Weichen für die Zukunft gestellt werden.

Die internationale Expansion lohnt sich auch für den Werkplatz Schweiz. Rund 110 der zusätzlichen Stellen wurden in der Schweiz geschaffen.

Mit dem Gewinn von Aufträgen für das richtungsweisende New-Space-Projekt OneWeb und mit der neuen Business Unit Cyber Security hat sich RUAG in lukrativen Teilmärkten des weltweiten Megatrends Digitalisierung etabliert. Weiter konnte die Partnerschaft mit Airbus ausgebaut und mit einem neuen Rahmenvertrag für die nächsten Jahre gesichert werden. Damit ist RUAG in der Lage, einen Beitrag zur Befriedigung des weltweit steigenden Mobilitätsbedürfnisses zu leisten.

Dass sich die internationale Expansion von RUAG auch für den Werkplatz Schweiz lohnt, zeigt die Entwicklung des Personalbestands. Er ist 2016 um 571 auf insgesamt 8734 Mitarbeitende angestiegen. Rund 110 der zusätzlichen Stellen konnten dabei in der Schweiz Geschaffen werden.

Positive Ergebnisse der Divisionen

RUAG Ammotec gelang zum wiederholten Mal ein markantes Umsatzwachstum. Haupttreiber war das Jagd-und-Sport-Segment, in dem die Marktposition insbesondere in Europa und den USA weiter ausgebaut werden konnte. Positiv wirkte sich dabei der Aufbau von eigenen Grosshandelsstrukturen aus.

Die Division Space hat 2016 entscheidende strategische Schritte gemacht. Erstens konnten mit dem weltweit grössten Satellitenprojekt OneWeb bedeutende Verträge abgeschlossen werden. Sie zeigen, dass die Division auch im sogenannten New-Space-Segment ein wettbewerbsfähiger Akteur ist. Den zweiten Schritt markierte der Aufbau von zwei Produktionsstätten in den USA. In Decatur, Alabama, werden künftig Kohlefaserstrukturen für Atlas-V- und Vulcan-Raketen hergestellt und in Cape Canaveral, Florida, Satellitenstrukturen für das OneWeb-Projekt. Der dritte Schritt war die vollständige Übernahme des Technologieunternehmens HTS; damit verfügt RUAG Space jetzt auch im wichtigen deutschen Markt über einen Produktionsstandort. Der Verkauf des Geschäfts mit wissenschaftlichen Instrumenten und optischer Kommunikation an Thales Alenia Space bedeutet den vierten strategischen Schritt. Mit ihm wurde die Fokussierung auf ausgewählte Baugruppen für Satelliten und Trägerraketen und auf die kommerzielle Raumfahrt konsequent fortgesetzt.

Die Division Defence konnte sich in der Ausschreibung für den Betrieb der Gefechtsausbildungszentren der Schweizer Armee gegen namhafte internationale Mitbewerber durchsetzen. Dieser äusserst wichtige Erfolg wird dem Geschäftsbereich Simulation und Training, zusammen mit dem Gewinn eines Grossauftrags des französischen Verteidigungsdepartements, zusätzlichen Antrieb verleihen. Langfristige Perspektiven eröffnet auch die Beschaffung von 32 RUAG COBRA-Mörsesysteme durch die Schweizer Armee. Für die Zukunft des ganzen Konzerns zentral ist die Entwicklung der neu formierten Business Unit Cyber Security. Die Datensicherheit ist eines der Wachstumsfelder, in denen RUAG an der digitalen Transformation der weltweiten Wirtschaft beteiligt ist. RUAG sah sich am Anfang des Berichtsjahrs selber mit einer Attacke konfrontiert. Aus der detaillierten Analyse des Vorfalls, die auch in Zusammenarbeit mit den Cyberspezialisten des Bundes (MELANI) vorgenommen wurde, konnte RUAG wertvolle technische und organisatorische Lehren ziehen, die nun intern umgesetzt werden. Vielversprechend gestartet ist 2016 die innovative Übungsinfrastruktur Cyber Training Range. Im ersten Betriebsjahr wurden bereits über 30 massgeschneiderte Security-Übungen mit Unternehmen und Behördenorganisationen durchgeführt.

Für die Division Aerostructures ist der Abschluss eines Fünfjahresvertrags für die Lieferung der hinteren Rumpfsektionen der Airbus-A320-Familie richtungsweisend. Das Auftragspotenzial liegt im Bereich von mehreren CHF 100 Mio. Wichtiger Vergabegrund war der Aufbau eines eigenen Produktionsstandorts in Ungarn. Knapp zwölf Monate nach dem Verwaltungsratsentscheid für das Projekt konnte bereits die Produktionsfreigabe für die ersten Komponenten durch den Grosskunden Airbus erreicht werden. Der neue Produktionsstandort in Ungarn wird sich positiv auf die langfristige Profitabilität der Division auswirken.

Im Geschäftsjahr der Division Aviation sticht der Auftrag für den Unterhalt von massgeblichen Komponenten für das neue Mehrzweckkampfflugzeug F-35 heraus. Da die Ausschreibung vom F-35 Joint Program Office in den USA organisiert wurde, ist das Konsortium, an dem RUAG Australia beteiligt ist, nun Unterhaltsstelle für alle F-35 im asiatisch-pazifischen Raum. Positiv entwickelten sich auch die Grossprojekte zur Werterhaltung der F/A-18, der Transporthelikopter und der PC-6 der Schweizer Luftwaffe. Einen Rückschlag bedeutete hingegen die Sistierung des Beschaffungsprogramms BODLUV MR (Bodengestützte Luftverteidigung mittlerer Reichweite).

Investitionen in drei Wachstumsbereiche

Unter den Aktivitäten, die das profitable Wachstum in den nächsten Jahren sicherstellen, sind die Investitionen in den strategischen Wachstumsbereichen Flugzeugstrukturbau, kommerzielle Raumfahrt und Cyber Security hervorzuheben.

Im Flugzeugstrukturbau legt der neue Fünfjahresvertrag mit Airbus und die damit verbundene Teilnahme am Airbus-Kostensenkungsprogramm SCOPE+ die Grundlage für die Entwicklung neuer Fertigungstechnologien. Sie konzentriert sich auf die weitere Automatisierung der Montageprozesse und auf die Implementierung von Hybridstrukturen für neue Flugzeugprogramme.

Die Investitionen der Division Space verfolgen das Ziel, die Marktposition im kommerziellen Raumfahrtmarkt weiter zu stärken. Dazu gehören auch Partnerschaften in Forschung und Entwicklung: Die entscheidende Technologie für die automatisierte Serienproduktion der insgesamt 900 Satellitenstrukturen für das OneWeb-Projekt wurde beispielsweise gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz entwickelt. Mit dem Aufbau der zwei Produktionsstätten in Decatur, Alabama, und in Cape Canaveral, Florida, kann das US-Geschäft weiter ausgebaut und die Beteiligung am Aufschwung der kommerziellen Kommunikationssatelliten vorangetrieben werden. Der Bedarf an Satellitenkommunikation wird durch die Digitalisierung der Wirtschaft und insbesondere durch das «Internet der Dinge» markant ansteigen.

Grosses Zukunftspotenzial haben auch Investitionen der Division Defence in die neue Business Unit Cyber Security und in Kommunikationssysteme für die Vernetzung von Organisationen im Krisenfall. Mit ARANEA hat RUAG beispielsweise ein Kommunikationssystem für die nahtlose Sprach-, Video- und Datenkommunikation zwischen allen verschiedenen digitalen und analogen Geräten zur Truppentauglichkeit gebracht. Es ermöglicht unterschiedlichsten zivilen und militärischen Organisationen im Ernstfall, sofort miteinander zu kommunizieren. Wie der Cyberangriff auf RUAG gezeigt hat, bieten selbst modernste Sicherheitsdispositive und ein erstklassiges Security-Knowhow keine 100 %ige Sicherheit. Diese Erfahrung hat die Konzernleitung in ihrer Überzeugung bestärkt, dass Cyber Security zum unverzichtbaren Baustein für die Digitalisierung der Weltwirtschaft wird. Der schon vorher geplante Ausbau der Aktivitäten wurde deshalb beschleunigt. Mit dem Kauf des global tätigen britischen Datenschutzspezialisten Clearswift und der erfolgreichen Inbetriebnahme der Cyber Security Range wurden wichtige Grundsteine gelegt.

Ausblick

2017 erwartet RUAG wieder ein solides Wachstum. Dieses wird aber voraussichtlich vornehmlich im zivilen Markt und ausserhalb der Schweiz erreicht. Der positive Ausblick ist aber gleichzeitig eine Herausforderung: Auf der einen Seite stehen volle Auftragsbücher und ein absehbares Wachstum in den meisten für den Konzern relevanten Märkten. Auf der anderen Seite stehen die begrenzte  Risikobereitschaft des Bundes als Eigner von RUAG und das immer enger werdende Korsett an regulatorischen Vorgaben für bundesnahe Betriebe wie RUAG. Für RUAG ist eine nicht nur rechtliche, sondern auch ethisch einwandfreie Verhaltensweise zentral. Die auf 2017 neu geschaffene Position des Vice President Compliance & Risk Management wird unter anderem den Aufbau eines state-of-the-art Compliance-Management-Systems mit den Schwerpunkten Antikorruption, Kartellrecht und Interessenskonflikte verantworten.

Viele Signale von Seiten der Märkte stimmen uns positiv. Die Bestellungseingänge von Airbus waren 2016 grösser als die Auslieferungen, was ein weiteres Wachstum im Flugzeugstrukturbau erwarten lässt. Die ständig an Fahrt gewinnende Digitalisierung der Wirtschaft erhöht den Bedarf nach Satellitenkommunikation genauso wie nach Cyber-Security-Lösungen. Der Bereich Jagd & Sport der Division Ammotec setzt weiterhin auf Wachstum in Europa, aber auch in den USA, dem grössten Munitionsmarkt der Welt. Ebenso dürften aufgrund der zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten auch die Verteidigungsausgaben weltweit weiter ansteigen. Es ist allerdings festzuhalten, dass eine wachsende Anzahl an lokalen Konflikten für RUAG nachteilig ist, da immer mehr Länder den schweizerischen Exportrestriktionen unterworfen sind – dies im Gegensatz zu zahlreichen Mitbewerbern aus der Verteidigungsindustrie.

RUAG erarbeitet inzwischen über 80 % des Umsatzes im freien Wettbewerb.

Zu den weltweiten Unsicherheitsfaktoren gehört auch die Währungssituation. Hier sieht sich RUAG robust aufgestellt. Produktionsstandorte in insgesamt 14 Ländern ermöglichen eine natürliche Absicherung der Währungsrisiken. Ebenfalls auf einer guten Basis kann die kontinuierliche Produktivitätssteigerung aufbauen, die in den kommenden Jahren ein absolutes Muss bleibt. Durch die Anstrengungen zur Bewältigung des Währungsschocks 2015 wurde sie in allen Geschäftsbereichen nachhaltig verankert.

Mit Unsicherheiten sieht sich RUAG im Schweizer Heimmarkt konfrontiert. 2016 wurde mit BODLUV MR (Bodengestützte Luftverteidigung mittlerer Reichweite) nach dem Nein-Votum des Volkes zur Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs ein Grossprojekt sistiert. Dazu kommt die grundsätzliche Umorientierung der Beschaffung der Schweizer Armee auf Standardsysteme. Dadurch fallen Entwicklungsaufträge weg, mit denen sich RUAG bisher entscheidende Grundlagen in neuen Technologien und Produkten für den internationalen Markt erarbeiten konnte.

Von wegweisender Bedeutung für den Konzern ist das Projekt Weiterentwicklung RUAG. Es muss den Widerspruch zwischen dem immer schärfer werdenden weltweiten Wettbewerb und den wachsenden regulatorischen Vorgaben im Inland auflösen. RUAG erarbeitet inzwischen über 80 % des Umsatzes im freien Wettbewerb, und auch bei einem guten Drittel der Aufträge der Schweizer Armee muss sich der Konzern heute gegen Konkurrenten durchsetzen. Verwaltungsrat und Konzernleitung engagieren sich dafür, dass gemeinsam mit dem Eigner und den anderen Anspruchsgruppen eine Lösung gefunden wird, die sowohl für die Schweizer Armee als auch für den Werkplatz Schweiz und für RUAG optimale Zukunftsbedingungen schafft.

Äusserst zuversichtlich stimmt uns die Art und Weise, wie RUAG im Berichtsjahr den Übergang zu einem nachhaltig profitablen Wachstum erreicht hat. Daran hatten unser Aktionär sowie unsere Kunden, Partner und Mitarbeitenden einen wesentlichen Anteil. Wir danken Ihnen für die Treue, das Vertrauen, die Zusammenarbeit und Ihren Einsatz. Und wir freuen uns darauf, RUAG gemeinsam mit Ihnen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

RUAG Holding AG

sig. Hans-Peter Schwald
Verwaltungsratspräsident

sig. Urs Breitmeier
CEO RUAG Konzern