Gutes Wachstum bei geringerer Profitabilität

Der Umsatz von RUAG übertrifft das Vorjahr. Isolierte, einmalige Ereignisse schmälern hingegen die Profitabilität. Die Aussichten sind vielversprechend, auch dank Investitionen in den Wachstumsmarkt USA....

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Das sehr erfreuliche letztjährige Ergebnis konnte RUAG 2017 nicht übertreffen. Der Umsatz steigerte sich zwar ein weiteres Mal um +5.2 % auf CHF 1955 Mio., und auch der Auftragseingang erreichte mit CHF 1961 Mio. erneut einen hohen Stand. Dagegen sank der EBIT um CHF 32 Mio. auf CHF 119 Mio. RUAG erwirtschaftete 56 % aller Umsätze im zivilen Bereich. Wichtigster Kunde bleibt weiterhin das VBS mit 31 % Umsatzanteil. Insgesamt erzielte der Konzern 62 % der Nettoumsätze im Ausland, wo sich auch ca. 4800 der rund 9200 Stellen befinden. RUAG hat mittlerweile – neben der Schweiz – Standorte in 15 weiteren Ländern. 

Vier der fünf Divisionen arbeiteten profitabel. Dagegen schloss die Division Defence das Jahr mit einem Verlust ab. Deshalb konnten die budgetierten Ertragsziele von RUAG insgesamt nicht erreicht werden. Positiv überrascht haben die Division Space und die Geschäftseinheit Real Estate, die beide die hochgesteckten Erwartungen übertroffen haben. 

Die Ergebnisse der Divisionen Aerostructures und Aviation wurden teilweise durch unvorhergesehene Umsatzeinbussen und Zusatzkosten in zwei Projekten infolge Qualitäts- und Terminproblemen einzelner Lieferanten belastet. Dank eines ausserordentlichen Efforts konnte inzwischen bei Aerostructures die Qualitäts- und Termintreue der Lieferanten wiederhergestellt und bei RUAG Aviation eingegrenzt werden. 

Die Division Ammotec musste als indirekte Folge der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten einen ungewöhnlich grossen Umsatzrückgang in den USA hinnehmen. In Erwartung eines Wahlsiegs der für ein restriktiveres Waffenrecht einstehenden Gegenkandidatin Hillary Clinton hatten viele Privatpersonen 2016 vorsorglich Munition eingekauft, was 2017 zu einem deutlichen Nachfragerückgang führte. 

Den grössten negativen Einfluss auf das Konzernergebnis hatten ungünstige Entwicklungen in Grossprojekten der Division Defence. Hier haben die Konzernleitung wie auch die Geschäftsleitung der Division entschlossen reagiert. Neben einer Restrukturierung im Bereich der Landsysteme musste bei verschiedenen Projekten eine Neubeurteilung der Kosten und Erträge vorgenommen werden, was die Ertragssituation der Division mit CHF 20 Mio. belastete. Auf personeller Ebene gab es Wechsel bis hin zur Führungsspitze. Die Division Defence wird weiter auf ihre Kernkompetenzen fokussiert. In diesem Kontext wird der Bereich Cyber Security aus der Division herausgelöst und ab 1. Januar 2018 als eigenständige Einheit durch den CEO geführt. Dies auch als klares Zeichen, um den Bereich Cyber Security weiter zu stärken.

Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass sich das Geschäft von RUAG abgesehen vom unerfreulichen Ergebnis der Division Defence und von den negativen Entwicklungen in einigen Projekten insgesamt stabil weiterentwickelt hat.

Ein Jahr der Investitionen

Mit Blick auf die Zukunft des Konzerns standen 2017 mehrere Grossinvestitionen in die strategischen Wachstumsbereiche Space und Flugzeugstrukturbau im Zentrum der Entwicklung von RUAG. Die Division Space konnte in den USA gleich an zwei neuen Standorten die Produktion aufnehmen. In Decatur, Alabama, werden Kohlefaserstrukturen analog dem im letzten Jahr in Emmen erfolgreich eingeführten Out-of-Autoclave-Verfahren für die US-Trägerraketen gefertigt. In Titusville, Florida, ist die Grossproduktion der Strukturen für die 900 Satelliten des OneWeb-Satelliteninternetprojekts erfolgreich angelaufen. Weiter hat die Division Aerostructures in Emmen eine hochmoderne Oberflächenbehandlungsanlage mit dem umweltfreundlichen TSA-Verfahren (chromsäurefreies Anodisieren) in Betrieb genommen. Im ungarischen Eger hat die Division zudem einen neuen Produktionsstandort in einem Best-Cost-Country eröffnet.

Wegweisende Verträge und erfolgreiche Projekte

Den erfreulichen Auftragseingang widerspiegeln die zahlreichen erfolgreichen Vertragsabschlüsse und Projektumsetzungen. So kann RUAG Space unter anderem die Steuerungscomputer, verschiedene mechanische Komponenten und die schützende Thermalisolation für die nächsten zwölf Satelliten des europäischen Navigationssystems Galileo liefern. 

RUAG Aerostructures konnte das im Jahr 2014 lancierte Transfer-of- Work-Projekt abschliessen, mit dem die vollständige Verantwortung für die Lieferkette von zwei Rumpfsektionen der A320 von Airbus übernommen wurde. Damit leistet RUAG einen wichtigen Beitrag zur Fertigung der A320 und wird optimal vom andauernden Verkaufserfolg der A320 profitieren können.

Die längerfristige Auslastung der Division Aviation sichert die Erneuerung der 5-Jahres-SLA (Service-Level-Vereinbarung) für den Unterhalt der Flugzeugflotten der Schweizer Luftwaffe. Die Werterhaltungsprogramme für die Schweizer F/A-18, F-5, Cougar-Transporthelikopter, PC-6 und die 35-mm-Fliegerabwehrkanonen konnten planmässig vorangebracht werden. Mit diesen Projekten kann RUAG einen wichtigen Beitrag zur längerfristigen Einsatzfähigkeit dieser Systeme leisten, die auch für die Know-how-Erhaltung und die Weiterentwicklung der Schweizer Wehrindustrie und die Kompetenzerhaltung von RUAG von besonderer Wichtigkeit sind. Ausgesprochen erfolgreich entwickelte sich zudem das Geschäft mit MRO-Dienstleistungen für die F/A-18 und den neuen amerikanischen Joint Strike Fighter F-35 in Australien.

Ein für die Zukunft vielversprechender Erfolg gelang RUAG Ammotec: Die Division hat im bisher komplett geschlossenen brasilianischen Markt die Zusage für eine Lizenz zur Errichtung einer Munitionsproduktion erhalten. Damit stehen RUAG Ammotec nicht nur die Türen zum weltweit zweitgrössten Munitionsmarkt offen, sondern auch zusätzliche Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Produktion. Zurzeit werden verschiedene Szenarien geprüft, ob, wie und wann die Division ihre Pläne umsetzen kann. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Erhaltung und den Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von RUAG, die letztlich auch dem Hauptkunden VBS zugutekommt. Auch für RUAG Defence war die Erneuerung der 5-Jahres-SLA für über 100 Systeme der Schweizer Armee zentral. Sie ermöglicht eine langfristige Planung und Effizienzsteigerung zum Vorteil von beiden Partnern. Weiter gelang auch der Vorstoss in zwei neue Märkte. Der Schweizer Hersteller Boschung entwickelt seine Flughafen-Schneeräumungssysteme auf der Robotikplattform von RUAG, und mit dem Einsatz des Sprach- und Datenrouters «Tactical Access  ode» (TAN) bei der multinationalen Battlegroup in Litauen konnte erstmals ein NATO- Vertrag abgeschlossen werden. Die Kommunikationstechnologie von RUAG ermöglicht es unterschiedlichen Armeen mit unterschiedlichen Systemen, miteinander zu kommunizieren.

Eine Weichenstellung für die Zukunft ist das Herauslösen des Bereichs Cyber Security aus RUAG Defence. Das softwarebasierte Geschäft mit Internetsicherheit unterscheidet sich grundlegend von der Wehrtechnik und verlangt einen spezifischen Marktzugang. Die Business Unit wird ab 1. Januar 2018 als eigenständige Einheit auf Konzernebene geführt und wird damit für das geplante und notwendige Wachstum zusätzlich gestärkt.

Ein Jahr der personellen Wechsel

Der angekündigte und seit einiger Zeit geplante Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Hans-Peter Schwald auf die ordentliche Generalversammlung vom 26. April 2018 markiert für RUAG einen Epochenwechsel. Hans-Peter Schwald, der dem Verwaltungsrat von 2002 bis 2018 insgesamt 17 Jahre angehört und ihn seit 2014 präsidiert, hat die Entwicklung des Konzerns von vier staatlichen Regiebetrieben hin zum internationalen Technologiekonzern massgeblich mitgeprägt. Nach dem Abschluss dieses Auf- und Umbaus und der erfolgreichen Neuausrichtung steht nun für RUAG eine neue Phase der Weiterentwicklung an.

Eine weitere Veränderung auf oberster Managementebene stellt der Wechsel an der Spitze von RUAG Ammotec dar. Cyril Kubelka hat den Konzern nach 14 erfolgreichen Jahren als CEO der Division verlassen. Der Übergang zu Christoph Eisenhardt erfolgte per 1. Oktober nahtlos. Zu einem Wechsel kam es zudem auch an der Spitze von RUAG Defence. Der bisherige CEO, Dr. Markus A. Zoller, hat sich infolge der Entwicklung der Division entschieden, per Ende Oktober eine neue Herausforderung anzunehmen. Die Division wird seither interimistisch durch Andreas Berger geleitet, Senior Vice President NEO, RUAG Defence.

Weiterentwicklung vorantreiben

Seit 2015 macht sich der Bundesrat in seiner Funktion als Eigner – gemeinsam mit dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und RUAG – Gedanken über die Weiterentwicklung von RUAG. Der Bund und RUAG streben eine Lösung an, bei der die Leistungen von RUAG gegenüber der Armee gewährleistet werden und dadurch die Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet wird. Zugleich soll das Unternehmen weiter wachsen können und die Risiken für den Bund sollen reduziert werden, namentlich bei der IT-Sicherheit und der finanziellen Haftung. Es sollen die bestehenden Arbeitsplätze gesichert werden, damit die industriellen Fähigkeiten bestehen bleiben.

Damit die Beziehungen zwischen Bund und Unternehmen möglichst optimal gestaltet und weiter gestärkt werden können, hat der Verwaltungsrat zudem die neue Funktion eines Vice President Eignerbeziehung geschaffen. Mit dem ehemaligen Finanzdirektor der Stadt Bern Alexandre Schmidt konnte eine kompetente, erfahrene Persönlichkeit für diese anspruchsvolle Aufgabe gewonnen werden.

Zukunftsgerichtete Konzernprojekte

Auf Konzernstufe wurden 2017 mehrere Projekte vorangetrieben, mit dem Ziel, die Effizienz und die Leistungsfähigkeit  von RUAG konzernweit grundlegend zu verbessern. Für die nachhaltige Entwicklung des Konzerns entscheidend ist die mehrjährige Initiative Integrity@RUAG. Sie verankert die Compliance im Konzern einheitlich auf sämtlichen Stufen. 2017 wurde unter anderem ein neuer Verhaltenskodex eingeführt. Zudem wurde eine eigenständige Organisationseinheit Compliance & Risk Management mit einem Vice President geschaffen und zusätzlich wird jede Division einen Compliance Officer erhalten. 

Die Wettbewerbsfähigkeit soll durch die Konzerninitiative ROS (RUAG Operating System) gestärkt werden. Mit ihr werden in Produktion und Services-Erbringung konzernweit einheitliche Lean-Management- Prinzipien eingeführt. Sie werden die Prozesse schlanker und effizienter machen sowie die Lernfähigkeit und die Selbstverantwortung der Organisation verbessern.

Ausblick

Das wirtschaftliche Umfeld dürfte für RUAG im kommenden Jahr unverändert bleiben. Das bedeutet, dass auf der einen Seite eine weltweit positive Konjunktur für generelle Wachstumsimpulse sorgt. Dazu addieren sich tendenziell weiter steigende Verteidigungsbudgets in den Kernmärkten Schweiz und Europa. Auf der anderen Seite steht die weltweit wachsende Anzahl von regionalen Konflikten. Dadurch fallen mehr Staaten unter die Exportbeschränkungen und scheiden damit als Märkte für wehrtechnische Produkte und Dienstleistungen aus. Entsprechend erwartet RUAG eine weitere Gewichtsverschiebung von militärischen zu zivilen Umsätzen. Vielversprechend sind die Aussichten für die drei strategischen Wachstumspfeiler Space, Flugzeugstrukturbau und Cyber Security. Die neuen Produktionsstandorte der Division Space in Decatur und Titusville werden auch die Marktchancen im institutionellen Weltraumgeschäft in den USA verbessern. Die Division Aerostructures kann mit einem weiterhin wachsenden weltweiten Flugzeugbedarf und insbesondere mit einer steigenden Nachfrage nach den Single-Aisle-Modellen von Airbus rechnen. Für die Business Unit Cyber Security wird auch 2018 der weltweite Megatrend Digitalisierung der Wachstumstreiber sein. Höchste Priorität hat für RUAG das Projekt «Weiterentwicklung RUAG». Die künftige Eignerstrategie des Bundes hat adäquate Vorgaben für die zwei Bereiche zu definieren, die RUAG ausmachen: einerseits die Tätigkeiten, die RUAG im Wettbewerb erfüllt (80 % der Leistungen von RUAG), und anderseits die Versorgungsaufgaben für die Armee, die quasi  hoheitlich erfolgen. Im Spektrum der Lösungen finden sich sowohl eine sich abzeichnende nötige Entflechtung der Beziehungen zwischen Bund und Konzern als auch eine mögliche Privatisierung oder Teilprivatisierung.

Das Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Rüstungsunternehmen des Bundes war ein Meilenstein der Schweizer Rüstungsindustrie und hat den Aufbau von RUAG erst möglich gemacht. Basierend auf einem über Jahrzehnte aufgebauten Know-how, einer zielgerichteten Eignerstrategie des Bundesrates und einem unternehmerisch handelnden Verwaltungsrat und Management konnte ein international geachtetes und erfolgreiches Technologie- und Rüstungsunternehmen entwickelt und aufgebaut werden. Damit RUAG seine Erfolgsgeschichte seit seiner Gründung weiterschreiben und sich weiterentwickeln kann, braucht das Unternehmen aber weiterhin unternehmerische Freiheiten und Möglichkeiten, sich im internationalen Wettbewerb gegenüber seinen Konkurrenten zu behaupten. Seine zukünftige Leistungsfähigkeit ist auch für den Wirtschafts- und Technologiestandort Schweiz sowie für die Wehr- und Sicherheitspolitik der Schweiz von grosser Bedeutung. RUAG muss in der Lage sein, sich den sich laufend verändernden Marktgegebenheiten anzupassen. Dazu braucht es auch Anpassungen der bisherigen Rahmenbedingungen für das Unternehmen, wollen wir nicht riskieren, dass RUAG in einem nicht mehr zeitgemässen Korsett zur Stagnation verurteilt wird. Verwaltungsrat und Konzernleitung sind überzeugt, dass sich RUAG auch in einem härter werdenden weltweiten Wettbewerb erfolgreich durchsetzen kann. Wir freuen uns darauf, das Unternehmen gemeinsam mit unserem Aktionär, unseren Kunden, Partnern und Mitarbeitenden weiterzuentwickeln, und danken Ihnen für Ihre Treue, das Vertrauen, die Zusammenarbeit und Ihren Einsatz.

 RUAG Holding AG

sig. Hans-Peter Schwald
Verwaltungsratspräsident

sig. Urs Breitmeier
CEO RUAG Konzern