Geschäftsbereiche
In einem anspruchsvollen Marktumfeld setzt RUAG Aerostructures wichtige Meilensteine. Die Anteile an RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn wurden an Mubea verkauft. Pilatus übernimmt Teile von RUAG Aerostructures Schweiz. Beyond Gravity investierte in den Produktionsausbau und die digitale Infrastruktur und markierte damit den Aufbruch in die Zukunft als führender Zulieferer der globalen Weltraumindustrie....
Beyond Gravity
- Umsatz:
- CHF 383 Mio.
- EBIT
- CHF 0 Mio.
- Mitarbeitende (FTE)
- 1619
Das Space-Segment von RUAG International schaut auf ein anspruchsvolles Jahr 2023 zurück. Der Weltraummarkt verzeichnete im Jahr 2023 trotz Herausforderungen durch Inflation und Lieferkettenprobleme ein robustes Wachstum, angetrieben durch steigende kommerzielle Investitionen und technologische Fortschritte. Die Nachfrage nach Satellitenstarts und Weltraummissionen stiegstark an und private Unternehmen spielten erneut eine bedeutende Rolle. Allgemeine wirtschaftliche Faktoren wie die weltweite Volatilität der Finanzmärkte und geopolitische Spannungen machten sich jedoch auch auf dem Raumfahrtmarkt bemerkbar.
Der Umsatz im Jahr 2023 erhöhte sich um 8 % auf CHF 383 Mio. (Vorjahr CHF 356 Mio.). Der EBIT erholt sich bei gleichzeitig massiven Investitionen in den Produktionsausbau und die digitale Infrastruktur von CHF –5 Mio. auf eine schwarze Null (CHF 0 Mio.) und legt damit die Basis für profitables Wachstum. Auftragseingang und Auftragsbestand resultieren mit CHF 408 Mio., (CHF 439 Mio.). resp. 729 Mio. (CHF 744 Mio.) beide auf einem sehr hohen Niveau. Die vollen Auftragsbücher sichern damit langfristig die Auslastung der Produktion und lassen zuversichtlich in die Zukunft blicken.
Division Satellites
An den Standorten in der Schweiz, Schweden, Österreich, USA sowie Finnland beschäftigt die Division Satellites rund 750 Mitarbeitende. Die Einheit bündelt alle Aktivitäten von Beyond Gravity im Bereich Satelliten und liefert missionskritische Produkte für verschiedenste Satellitenmissionen kommerzieller und institutioneller Kunden. Bis auf den Antrieb werden alle Kernelemente eines Satelliten angeboten: von der Satellitenstruktur, dem Steuerungscomputer und anderer Elektronik über den Thermalschutz und verschiedenste Mechanismen bis hin zu Schleifringen. Die Division bietet erstklassiges Engineering, Produktions-Know-how und -kapazitäten sowie Projektmanagement für kommerzielle und institutionelle Auftraggeber, wie etwa für die zweite Generation des europäischen globalen Satellitennavigationssystems Galileo. Im Jahr 2024 will die Division weiter- wachsen, deutlich in die Forschung & Entwicklung investieren und die bestehenden Standorte weiter ausbauen. Die Leitung der Division liegt seit 2023 bei Oliver Grassmann. Er hat diese per Mitte Mai 2023 von Anders Linder übernommen, der das Unternehmen verlassen hat.
Division Launchers
Die Division Launchers umfasst die Entwicklung und Produktion von Verbundwerkstoffstrukturen und Dispensersystemen für Trägerraketen. Seit Jahrzehnten sind die Nutzlastverkleidungen, Interstage-Adapter, Dispenser, Nutzlast-Adapter und Separationssysteme von Beyond Gravity die erste Wahl bei Raumfahrtunternehmen wie Amazon, ArianeGroup, United Launch Alliance und vielen anderen Space-Firmen in Europa, den USA, Japan und Australien. Die Division umfasst 630 Mitarbeitende in den drei Ländern Schweiz (Emmen, Zürich), Schweden (Linköping) und USA (Decatur).
Das Jahr 2023 stand für die Division Launchers im Zeichen des Auf- und Ausbaus der beiden Standorte Linköping und Decatur. An beiden Standorten werden die Produktionskapazitäten derzeit mit Blick auf die Abwicklung der im Jahr 2022 gesicherten Aufträge für die Satellitenkonstellation «Kuiper» von Amazon verdoppelt. Die Inbetriebnahme von neuen Produktionshallen an beiden Standorten ist für 2024 geplant; ab 2025 sollen sie mit voller Kapazität laufen. Geleitet wird die Division seit 2022 von Paul Horstink.
Division Lithography
Die Division Lithography mit 240 Mitarbeitenden und Abteilungen an den beiden Standorten Zürich (CH) und Coswig (DE) stellt hochpräzise Stabilisatoren, Mechanikbaugruppen wie sowie Mess- und Prüfgeräte für die nanometergenaue Belichtung von Halbleiterscheiben (Wafer) her. Diese finden weltweit Anwendung in Maschinen zur Herstellung von Microchips und bilden somit die Grundlage für zahlreiche Hightech-Anwendungen wie in Smartphones oder im Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Die Division baute im Jahr 2023 ihre Produktionskapazitäten in enger Zusammenarbeit mit dem Hauptkunden Zeiss SMT kontinuierlich aus. Höhepunkt des Jahres bildete die Vergrösserung des Reinraums in Zürich-Seebach um 135 % Prozent. Auch für 2024 sind weitere Produktionssteigerungen geplant. Geleitet wird die Division seit 2022 von Dr. Oliver Kunz.
Neuer Digital & Innovation Hub in Lissabon
Im Herbst 2023 hat Beyond Gravity in Lissabon einen neuen Standort eröffnet. Der Digital & Innovation Hub unterstützt die Geschäftsbereiche bei ihrer Transformation und fördert die Innovationszusammenarbeit zwischen den 14 Standorten. Der Aufbau und die geplante Erweiterung bis auf 200 Mitarbeitende im Jahr 2025 ermöglichen es Beyond Gravity, den attraktiven Talentpool Portugals in den Bereichen Ingenieurswesen und digitale Technologien zu erschliessen. Beyond Gravity wird damit zum grössten Weltraumunternehmen in Portugal.
Schritt in die digitale Zukunft
Im Berichtszeitraum investierte Beyond Gravity intensiv in die digitale Transformation des Unternehmens. Das Projekt «EZYone» zielt darauf ab, für Beyond Gravity einen starken digitalen Kern aufzubauen, Prozesse zu harmonisieren, eine solide Datenbasis zu schaffen und eine einheitliche Systemlandschaft zu implementieren. Diese Massnahmen ermöglichen eine reibungslose Zusammenarbeit über verschiedene Standorte hinweg. Sie schaffen zudem die Grundlage für die Erweiterung der digitalen Kompetenzen des Unternehmens, fördern Innovation, stärken die Mitarbeitenden, reduzieren den Verwaltungsaufwand und legen das Fundament für den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Augmented Reality und weiteren zukunftsweisenden Technologien.
Ausblick
Das Marktumfeld im weltweiten Weltraumgeschäft entwickelt sich mit Blick auf die steigende Nachfrage nach Raketenstarts, den Ausbau der Satelliteninfrastruktur sowie die steigenden Investitionen von kommerziellen Akteuren weiterhin positiv. Das Hauptziel für Beyond Gravity besteht 2024 darin, Produkte und Programme zu fördern, die zu einer guten Profitabilität bei- tragen. 2024 soll jede der drei Divisionen Gewinn schreiben. Investitionen fliessen auch 2024 weiterhin in die digitale Transformation sowie in die Inbetriebnahme der ausgebauten Produktionsstandorte in Linköping und Decatur.
RUAG Aerostructures
- Umsatz:
- CHF 240 Mio.
- EBIT
- CHF -17 Mio.
- Mitarbeitende (FTE)
- 226
Im Geschäftsbereich Aerostructures erhöhte sich der Umsatz im Jahr 2023 auf CHF 240 Mio. (Vorjahr CHF 235 Mio.). Der EBIT sank hingegen deutlich von CHF 43 Mio. auf CHF –17 Mio. Das Ergebnis litt unter Lieferverzögerungen in den internationalen Lieferketten, sich ändernden Kundenanforderungen und Produktionsmengen sowie ausserordentlichen Aufwänden im Rahmen der Devestitionsprojekte. Zur berücksichtigen sind ausserdem die Auflösungen von Rückstellungen und Wertberichtigungen im Jahr 2022.
Die andauernden Verwerfungen innerhalb der internationalen Lieferketten waren für RUAG Aerostructures auch im Jahr 2023 spürbar. Wenn auch in deutlich geringerem Ausmass als in den Vorjahren, kam es bei beiden Gesellschaften immer wieder zu Lieferverzögerungen auf Seiten Zulieferer, die den ganzen Produktionsprozess negativ beeinflussten. Gleichzeitig sah sich RUAG Aerostructures mit Anpassungen bei den Bestellmengen und Produktionsprozessen konfrontiert, was wiederum teilweise zu Verzögerungen bei den Auslieferungen führte. Neben diesen externen Faktoren beschäftigten RUAG Aerostructures während des ganzen Jahres 2023 auch die sich laufend intensivierenden Verkaufsverhandlungen. Der Verkaufsabschluss (Closing) von RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn an die Mubea Gruppe konnte per Ende Dezember erreicht werden. Die Vertragsunterzeichnung (Signing) für den Verkauf von RUAG Aerostructures Schweiz an Pilatus erfolgte im Januar 2024.
RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn
RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn beliefert gross- mehrheitlich den Kunden Airbus für die Flugzeugfamilie A320 mit Strukturteilen für die Rumpfsektionen, den Hauptfahr- werksschacht oder Seitenschalen. Anfang Jahr wurde mit einer durchschnittlichen Produktionsrate von 55 Einheiten ge- rechnet. Bedingt durch kundenseitige Stornierungen aufgrund fehlender Teile, sank die Rate Anfang Jahr deutlich unter diese Marke, so dass im Februar Kurzarbeit eingeführt werden musste. Im Sommer sprang die Rate dann klar über 55 und pendelte sich erste Ende Jahr bei der prognostizierten Rate 55 ein. Diese Schwankungen, begleitet von einer anhaltenden Fehlteile- situation, wirken sich negativ auf die Produktionskosten wie auch die Gesamtbestellmenge aus.
Im Juli 2023 hat Airbus zudem kommuniziert, bestimmte Sektionen der A320-Familie in Zukunft nicht mehr bei RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn herstellen zu lassen. Trotz der anspruchsvollen Rahmenbedingungen wurde RUAG Deutschland & Ungarn 2023 für seine herausragenden Leistungen mit dem Airbus Supplier Award für Operational Excellence ausgezeichnet.
Mubea übernimmt in Oberpfaffenhofen und Eger
Für die Gesellschaft in Deutschland & Ungarn wurde in Übereinstimmung mit den strategischen Vorgaben des Schweizer Bundesrats im Herbst 2023 eine Vereinbarung (Signing) mit Mubea getroffen, die finale Eigentumsübertragung fand Ende Dezember 2023 statt. Mubea, ein renommiertes deutsches Familienunternehmen, ist ein innovativer Leichtbauspezialist mit über 14 000 Mitarbeitenden an 50 Produktionsstandorten weltweit. Innerhalb von Mubea wird RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn Teil der Mubea Aviation GmbH. Diese übernimmt sämtliche Geschäftsaktivitäten und alle rund 1000 Mitarbeitenden.
RUAG Aerostructures Schweiz
RUAG Aerostructures Schweiz stellt am Standort Emmen hauptsächlich Flugzeugstrukturteile für Kunden wie Boeing, GE, Pilatus oder Saab her. Bedingt durch eine geringere Verläss- lichkeit und mangelnde Liefertreue von Zulieferern, sich ändernde Kundenaufträge sowie die Sistierung einzelner Programme konnte die ursprünglich angestrebte Profitabilitätssteigerung nicht umgesetzt werden. Ausserdem verzögerte sich bei einigen Kunden bedingt durch externe Faktoren die Auslieferung der Teile. Zu einer Verbesserung der Teilesituation soll die Wieder- eingliederung der gesamten Logistik führen, die im Jahr 2024 wieder zurück an den Standort Emmen kommen wird.
Pilatus übernimmt in Emmen
Für die Gesellschaft RUAG Aerostructures Schweiz in Emmen liefen im Jahr 2023 die Vorbereitungen für die Suche nach einem neuen Eigentümer intensiv. Im Januar 2024 haben sich RUAG Aerostructures Schweiz und Pilatus Flugzeugwerke AG über einen Verkauf aller Maschinen sowie die Übernahme aller Mitarbeitenden geeinigt. Der Geschäftsbereich mit Sitz in Emmen produziert seit Anfang der 90er-Jahre auch Bauteile und Komponenten für die Flugzeuge von Pilatus. Dazu zählen unter anderem PC-21-Rümpfe oder das Höhenleitwerk des PC-12. Die Pilatus Flugzeugwerke werden am Standort Emmen künftig ausschliesslich Bauteile und Komponenten für ihre eigenen Flugzeuge herstellen. Aufträge von Drittkunden, welche RUAG Aerostructures Schweiz bisher produziert hat, werden nur noch über einen begrenzten Zeitraum weitergeführt. Auch die Vertragsunterzeichnung mit Pilatus erfolgte im Rahmen der mit dem Bundesrat vereinbarten strategischen Zielen.
Ausblick
Bedingt durch die abgeschlossenen und laufenden Devestitions- projekte bei beiden Gesellschaften – RUAG Aerostructures Schweiz und RUAG Aerostructures Deutschland & Ungarn – ist die weitere Geschäftsentwicklung und Ausrichtung abhängig von den Bedürfnissen und Plänen der neuen Eigentümer.